Kaltpressung

Wichtig: Für Olivenöl gelten besondere Bestimmungen

In der Regel werden die Bezeichnungen „kaltgepresst“, „nativ“, aber auch aus "erster Pressung“ vom Verbraucher synonym verstanden und auch verwendet. Wir werden daher versuchen diesen Wirrwarr von Begriffsbestimmungen zu durchleuchten.

In den Leitsätzen für Speisefette und Speiseöle der Deutschen Lebensmittelbuchkommission wurden die grundlegenden Begriffsbestimmungen und Definitionen festgelegt und die Gute Herstellungspraxis für Speisefette und –öle dargelegt. Die Kommission spiegelt mit Vertretern aus Industrie, Wissenschaft, Lebensmittelüberwachung und Verbraucherschutz die Meinung aller am Verkehr mit Fetten und Ölen beteiligter Kreise wider. Diese Leitsätze stellen zwar keine allgemein verbindlichen Rechtsnormen dar, sie ergänzen aber diese und haben den Charakter objektivierter Sachverständigengutachten, so dass Abweichungen von den Leitsätzen einer überzeugenden Begründung bedürfen. Ist eine solche Begründung nicht gegeben, so können Abweichungen nach § 11 Abs. 2 Nr. 2b LFGB (früher LMBG), in dem die Verbote zum Schutz vor Täuschung geregelt sind, beanstandet werden. Wer Produkte in irreführender Weise anbietet, verstößt außerdem gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

In diesen Leitsätzen für Speisefette und –öle wird zwischen nativen Ölen, nicht raffinierten Ölen und raffinierten Ölen unterscheiden. Dabei sind bei 20 °C Speisefette fest oder halbfest während Speiseöle flüssig.

So dürfen native Speisefette und -öle laut diesen Leitsätzen nur aus nicht vorgewärmter Rohware durch Pressen ohne Wärmezufuhr oder durch andere schonende mechanische Verfahren gewonnen werden. Als weitere Behandlungsschritte sind Waschen, Filtrieren oder Zentrifugieren erlaubt, während Schritte der Raffination wie Entsäuern, Bleichen oder Desodorieren ausdrücklich ausgeschlossen sind.

Die Bezeichnung „kaltgepresst“ oder aus „ erster Pressung“ beschreibt eine höhere Qualität der nativen pflanzlichen Speiseöle und kann als Hinweis auf eine besondere Herstellungsweise angefügt werden, wenn die pflanzlichen Speiseöle mit besonderer Sorgfalt bei der Auswahl der Rohstoffe (Samen oder Früchte von Pflanzen) durch Pressen ohne Wärmezufuhr unter möglichst schonenden Bedingungen gewonnen wurden. Die Kaltpressung ist das traditionelle und beste Verfahren, um die Qualität des pflanzlichen Speiseöls zu erhalten, da beim Pressvorgang weder Hitze von außen zugeführt noch durch stärkeres Pressen der Druck und somit die Temperatur erhöht werden darf. Eine Temperaturgrenze für die Vorkonditionierung der Rohstoffe, Presstemperatur oder Auslauftemperatur gibt es nicht. Der Begriff „unter möglichst schonenden Bedingungen“ lässt natürlich einigen Spielraum zu. Dennoch sollte die Temperatur so gewählt werden, dass für das pflanzliche Speiseöl keine Qualitätsverschlechterung feststellbar ist. Die Auslauftemperatur von 40 °C (Leitsätze 1992) wurde inzwischen gestrichen. Die meisten ökologischen Anbauverbände schreiben - je nach Ölsorte - eine Auslauftemperatur von max. 40 bis 60 °C vor.

Die Bezeichnung „kaltgepresst“ bedeutet aber im Sinne der Leitsätze nicht nur, was die meisten unter diesem Begriff verstehen, nämlich niedrige Presstemperaturen. Die Qualität der Rohstoffe bei einer Kaltpressung ist ebenfalls von grundlegender Bedeutung. Sie wird insbesondere durch den Reifezustand, Gehalt an Fremdbestandteilen (Auswuchs, Besatz, Bruchsaat usw.) und die Nacherntebehandlung (Vorreinigung, Trocknung, Lagerung und Reinigung) bestimmt. Dabei übt die Nacherntebehandlung der Rohstoffe einen großen Einfluss auf die sensorische Qualität der gewonnenen pflanzlichen Speiseöle aus, aber auch Fremdbestandteile in den Rohstoffen verschlechtern bereits in geringen Anteilen den sensorischen Eindruck der Öle.

Auch die Nachbehandlung der gewonnenen pflanzlichen Speiseöle spielt bei der Bezeichnung „kaltgepresst“ eine wichtige Rolle. Es ist u. a. darauf zu achten, dass die gewonnenen Öle ohne überflüssige Standzeiten von dem Sediment getrennt werden, da die an dem Sediment anhaftenden Mikroorganismen, aber auch Enzyme, zur Bildung von freien Fettsäuren führen. Der sensorische Eindruck der Öle wird dadurch negativ beeinflusst.

Auf dem Markt sind Produkte mit der Bezeichnung „aus erster Pressung“ anzutreffen, bei denen das Öl zwar mittels Pressung aus dem Rohstoff gewonnen, anschließend aber einer Raffination unterworfen wurde. Im Lebensmittelrecht stehen Bezeichnungen bzw. Etikettierungen nämlich nicht unter einer Erlaubnispflicht. Sie sind erlaubt, wenn sie nicht gesetzlich verboten sind. Diese Etikettierung ist weder gesetzlich verboten noch verstößt sie gegen die Leitsätze für Speisefette und –öle. Sie ist aber nicht „vogelfrei” oder ins Belieben der Anbieter gestellt, da die allgemeinen Täuschungsverbote des Wettbewerbs- und des Lebensmittelrechts in diesem Fall greifen. Wer den falschen Eindruck erweckt, ein Erzeugnis sei „aus erster Pressung“ und somit nicht raffiniert, verstößt gegen das Irreführungsverbot des Lebensmittelgesetzes (LMBG). Wer Produkte in irreführender Weise anbietet, verstößt auch gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Alle diese Vorschriften stellen darauf ab, wie der durchschnittliche Verbraucher eine Aufmachung versteht. Es kommt nicht darauf an, welchen Bedeutungsgehalt Fachleute mit bestimmten Wörtern oder Symbolen verbinden, sondern was der potentielle Käufer denkt.

 

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